
Bulgarien steht vor einem Loch im Staatshaushalt, das eher an einen Krater erinnert als an eine kleine Unebenheit. Wenn ein Land dann beschließt, über das Glücksspiel zusätzliche Einnahmen hereinzuholen, klingt das zunächst nach einem naheliegenden Schritt.
Doch im Detail zeigt sich schnell, dass solche Maßnahmen zwar plakativ wirken, aber nicht immer den erhofften Effekt erzielen. Dieser Text geht der Frage nach, wie sinnvoll die bulgarische Strategie wirklich ist, weshalb sie für andere Länder deutlich weniger geeignet ist als es auf den ersten Blick scheint und wo sich die Tücken im Zusammenspiel zwischen Steuerpolitik, Marktverhalten und staatlichen Einnahmeerwartungen verstecken.
Warum Bulgarien seine Glücksspielsteuer überhaupt erhöht
Die bulgarische Politik sah sich zuletzt mit einem wachsenden Haushaltsdefizit konfrontiert, das dringend nach frischen Einnahmequellen verlangte. In solchen Situationen geraten schnell jene Branchen ins Blickfeld, die vergleichsweise leicht steuerlich anzuzapfen sind. Glücksspiel passt perfekt in dieses Muster, denn die Umsätze lassen sich gut erfassen und die gesellschaftliche Akzeptanz für höhere Belastungen fällt hier traditionell etwas größer aus als in anderen Wirtschaftsbereichen.
Die Entscheidung knüpft an die Hoffnung an, einen spürbaren Beitrag zur Haushaltsstabilisierung zu leisten, obwohl sich bei genauer Betrachtung zeigt, dass die zusätzlichen Einnahmen eher den Charakter eines Tropfens auf den heißen Stein besitzen.
Dennoch dominierte die politische Erwartung, mit dem Schritt ein sichtbares Signal zu setzen. Ein Land in finanzieller Schieflage greift gern zu Instrumenten, die schnell wirken sollen und im besten Fall nur begrenzt Widerstand erzeugen. Der Zeitpunkt wurde so gelegt, dass die Reform ab 2026 greift und damit früh genug im Haushalt sichtbare Spuren hinterlassen kann.
Ein weiterer Aspekt betrifft die Wahrnehmung des Marktes, denn Anbieter mit top Auszahlungsquoten tragen in vielen Ländern spürbar zur Attraktivität des legalen Angebots bei. Solche Anbieter gelten als starke Säule in regulierten Märkten, was zeigt, wie wichtig ein funktionierendes, wettbewerbsfähiges Umfeld für stabile Steuereinnahmen sein kann.
Wie sich die Steuererhöhung konkret gestaltet
Bulgarien nutzt wie viele europäische Länder die Besteuerung des Bruttospielertrags. Dabei wird der Betrag besteuert, der bei den Anbietern nach Abzug der Gewinne für Spieler übrig bleibt. Es handelt sich also nicht um eine Steuer auf Einsätze, sondern auf das reale Ergebnis der Anbieter. Genau an dieser Stellschraube dreht die Regierung kräftig und hebt den Satz von bislang rund 20 Prozent auf etwa 25 Prozent an.
Was zunächst nach einer überschaubaren Erhöhung klingt, entfaltet in der Praxis eine deutlich größere Wirkung. Anbieter müssen nicht nur diese zusätzliche Belastung tragen, sondern sämtliche übrigen Kosten weiter schultern.
Dadurch steigen die Anforderungen an ihre Rentabilität, gerade weil der Glücksspielmarkt im internationalen Wettbewerb steht. Die erwarteten Mehreinnahmen Bulgariens fallen überraschend gering aus, denn sie kompensieren nur einen äußerst kleinen Teil des bestehenden Defizits. Ein Fiskalinstrument mit stark begrenzter Durchschlagskraft, das jedoch tief ins Marktgefüge eingreift.
Inmitten von fiskalischem Gewinn und wachsendem Risiko
Steigerungen bei der Glücksspielsteuer klingen aus staatlicher Sicht verlockend, doch der Markt reagiert sensibel. Sobald Anbieter mit geringeren Margen arbeiten müssen, beginnen sie an anderer Stelle zu sparen, was sich oft in schlechteren Angeboten oder geringerer Attraktivität niederschlägt. Genau dieser Effekt öffnet unerwünschten Kräften Tür und Tor. Der Schwarzmarkt bietet durch fehlende Regulierung und niedrigere operative Kosten oft deutlich attraktive Quoten und Bonusstrukturen, weshalb Spieler schneller abwandern als die Politik vermuten möchte.
Dieser schleichende Prozess unterläuft die erhofften Mehreinnahmen. Wenn der legale Markt schrumpft, sinken zwangsläufig die Steuereinnahmen. Immer wieder zeigte sich in Europa, dass zu ambitionierte Steuerreformen eher Einnahmerückgänge ausgelöst haben als fiskalische Wunder. Die Niederlande lieferten hierfür ein exemplarisches Beispiel, denn dort führte eine zu starke steuerliche Belastung zu einer merklichen Verschiebung hin zu nicht lizenzierten Angeboten. Ein Markt mit vielen Ausweichmöglichkeiten reagiert eben schnell, wenn das Gleichgewicht aus Kostendruck und Attraktivität kippt.
Was Deutschland bereits unternommen hat
Deutschland betrat mit dem Glücksspielstaatsvertrag 2021 eine neue Phase. Die Regulierung wurde vereinheitlicht, der legale Online-Markt erstmals klar definiert und steuerlich verankert. Die deutsche Besonderheit liegt jedoch in der Steuer auf Einsätze. Die 5,3 Prozent wirken im ersten Moment moderat, haben durch die Bemessungsgrundlage jedoch einen weit stärkeren Einfluss auf die Rentabilität der Anbieter als in Ländern mit GGR-Besteuerung.
Damit entsteht eine Situation, in der die optisch niedrigere Steuer in Deutschland in Wahrheit schwerer wiegt als die höhere Steuer in Bulgarien. Der Vergleich scheitert zudem an der völlig unterschiedlichen Marktgröße.
Deutschland betreibt einen zahlenmäßig weit größeren Glücksspielmarkt, der stark reguliert ist und dessen Dynamik sich nicht ohne Weiteres auf ein kleineres Land übertragen lässt. Auch der Schwarzmarkt steht in beiden Ländern auf völlig unterschiedlichen Füßen. Während Bulgarien mit einer deutlich informellen Marktstruktur kämpft, versucht Deutschland durch Regulierung und Überwachung ein geordnetes Spielfeld zu schaffen.
Die Grenzen eines steuerpolitischen Vorbilds
Auch wenn die Rahmenbedingungen stark variieren, lassen sich einige Grundprinzipien trotzdem ableiten. Glücksspielsteuern können ein Baustein zur Haushaltskonsolidierung sein, aber nur in begrenztem Umfang. Ein Staat darf sich nicht der Illusion hingeben, dass dieser Markt ein verlässlicher Rettungsring für milliardenschwere Haushaltslöcher ist.
Zudem verlangt jede Steuerpolitik ein sensibles Gespür für Marktreaktionen. Wird an der Steuerschraube zu stark gedreht, rutschen Spieler in Angebote abseits des regulierten Rahmens und der Fiskus verliert das, was er sich gerade mühsam erschlossen hat.
Ein sinnvoller Ansatz braucht klare Zielsetzungen und ein Verständnis dafür, unter welchen Umständen Mehreinnahmen realistisch sind. Die bulgarische Maßnahme zeigt exemplarisch, wie begrenzt der fiskalische Effekt ausfallen kann und wie schnell das Gleichgewicht kippt, wenn der Markt nicht stabil gehalten wird. Für Deutschland offenbart das bulgarische Experiment eher die Risiken als die Chancen einer unüberlegten Steuerpolitik.
Jenseits der Steuererhöhung
Ein nachhaltiger Ansatz im Glücksspielmarkt setzt weniger auf maximale Belastung durch Steuern und stärker auf eine sinnvolle Balance. Viel erreicht man bereits durch eine strukturierte Regulierung, die legale Anbieter stärkt, den Schwarzmarkt konsequent verfolgt und stabile Rahmenbedingungen schafft. Eine hohe Kanalisierungsquote entscheidet letztlich darüber, wie viel Geld tatsächlich im regulierten Markt bleibt.
Zudem sollte der Staat begleitende Maßnahmen prüfen, etwa eine effizientere Kontrolle illegaler Angebote oder eine Anpassung der regulatorischen Vorgaben, die den legalen Markt wettbewerbsfähig hält. Ein Glücksspielmarkt, der stabil läuft, schafft verlässliche Einnahmen als ein Markt, der durch übermäßigen Druck ausweicht. Insofern liefert Bulgarien ein Beispiel dafür, wie man es machen kann, aber auch ein Mahnmal dafür, wohin überzogene Erwartungen führen.

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