Die Rückwärtskalkulation ist ein mächtiges Werkzeug für Unternehmer und Manager, die ihre Preise und Margen genau verstehen wollen. Statt vom Einkaufspreis auszugehen, startet sie beim Verkaufspreis und arbeitet sich zurück.
Sie ermöglicht es, den nötigen Deckungsbeitrag zu ermitteln und sicherzustellen, dass alle Kosten gedeckt sind. So behalten Unternehmen ihre Finanzen im Griff und maximieren ihren Gewinn.
Inhaltsverzeichnis
Was ist eine Rückwärtskalkulation?
Definition der Rückwärtskalkulation
Die Rückwärtskalkulation, auch als Target Costing bekannt, ist ein Preiskalkulationsverfahren, das mit dem Zielverkaufspreis beginnt, der auf Marktanalysen und Kundenbedürfnissen basiert. Von diesem Preis wird der gewünschte Gewinn abgezogen, um den maximalen Selbstkostenpreis zu ermitteln, der benötigt wird, um Profitabilität zu gewährleisten. Das Verfahren kehrt die traditionelle Vorwärtskalkulation um, indem zuerst der Preis bestimmt und dann die Kostenstrukturen angepasst werden.
Vorteile der Rückwärtskalkulation
Die Rückwärtskalkulation bietet mehrere Vorteile, die sie zu einem wertvollen Werkzeug für Unternehmer und Manager machen:
- Marktorientierung: Sie zwingt Unternehmen, sich am Markt zu orientieren, um wettbewerbsfähige Preise zu setzen.
- Kostentransparenz: Durch die Fokussierung auf Maximalpreise werden Kostenstrukturen transparenter und effizienter gestaltet.
- Strategische Preisgestaltung: Sie unterstützt eine proaktive Preispolitik, die auch unter sich schnell ändernden Marktbedingungen bestehen kann.
- Risikominimierung: Unrentable Produkte können frühzeitig erkannt und aus dem Sortiment genommen werden.
Anwendungsgebiete der Rückwärtskalkulation
Die Anwendung der Rückwärtskalkulation ist branchenübergreifend von Relevanz und spielt besonders in folgenden Sektoren eine Schlüsselrolle:
- Neuproduktentwicklung: Bei der Entwicklung neuer Produkte ist es essentiell, die Kosten im Rahmen des Marktpreises zu halten.
- Dienstleistungssektor: Dienstleister nutzen die Rückwärtskalkulation, um Angebote basierend auf Markttarifen zu erstellen.
- Wettbewerbsintensive Märkte: In Märkten mit starkem Konkurrenzdruck hilft das Verfahren, attraktive Preispunkte zu finden.
Durch die Implementierung der Rückwärtskalkulation können Unternehmen die Herausforderungen komplexer Preisgestaltungsmechanismen effektiv meistern und ihre Profitabilität nachhaltig steigern.
Wie erstellt man ein Rückwärtskalkulationsschema?
Die Erstellung eines Rückwärtskalkulationsschemas ist ein strategischer Prozess, der es Unternehmen ermöglicht, ihre Preise effizient zu gestalten. Es folgen die Schritte, die notwendig sind, um eine Rückwärtskalkulation durchzuführen.
Schritt 1: Ermittlung des Verkaufspreises
Der erste Schritt besteht darin, den optimalen Verkaufspreis zu bestimmen. Hierbei ist es entscheidend, Marktanalysen durchzuführen und Kundenbedürfnisse zu erfassen. Unternehmen sollten sich folgende Fragen stellen:
- Wie viel sind Kunden bereit für das Produkt zu zahlen?
- Wie positionieren sich die Wettbewerber am Markt?
Wettbewerbsanalysen und Umfragen können dabei helfen, eine Preisvorstellung zu entwickeln, die sowohl marktfähig als auch profitabel ist.
Schritt 2: Ermittlung der Gemeinkosten
Nach Festlegung des Verkaufspreises gilt es, die anfallenden Gemeinkosten zu ermitteln. Gemeinkosten sind Betriebskosten, die nicht direkt einem einzelnen Produkt zugerechnet werden können, wie zum Beispiel:
- Miete
- Energiekosten
- Verwaltungsaufwand
Eine genaue Kostenrechnung ist essentiell, um sicherzustellen, dass alle indirekten Kosten im Verkaufspreis gedeckt sind.
Schritt 3: Ermittlung des Deckungsbeitrags
Im nächsten Schritt wird der Deckungsbeitrag berechnet. Dieser ergibt sich aus der Differenz zwischen dem ermittelten Verkaufspreis und den variablen Kosten pro Stück. Der Deckungsbeitrag muss ausreichen, um sämtliche fixen und variablen Kosten zu decken und den angestrebten Gewinn zu erzielen. Die Kalkulation erfolgt nach der Formel:
Deckungsbeitrag = Verkaufspreis – variable Kosten
Schritt 4: Ermittlung der Stückkosten
Der letzte Schritt im Rückwärtskalkulationsschema ist die Ermittlung der Stückkosten. Dafür werden die Gesamtkosten des Produktes oder der Dienstleistung durch die Anzahl der produzierten Einheiten geteilt. Dabei betrachtet man sowohl die direkten Kosten wie Material und Arbeitsaufwand als auch die bereits ermittelten Gemeinkosten. Die Stückkosten geben Aufschluss darüber, ob die Produktion kosteneffizient ist.
Beispiel für ein Rückwärtskalkulationsschema
Ein praktisches Beispiel verdeutlicht, wie ein Rückwärtskalkulationsschema in der Unternehmensplanung eingesetzt wird. Angenommen, eine Firma möchte ein neues Produkt auf den Markt bringen und hat basierend auf umfassenden Marktanalysen einen Zielverkaufspreis von 100 Euro festgelegt. Sie strebt einen Gewinn von 20 Euro pro Einheit an.
Um den Deckungsbeitrag zu berechnen, müssen zunächst die variablen Kosten pro Stück ermittelt werden. Nehmen wir an, die variablen Kosten betragen 30 Euro pro Einheit. Der Deckungsbeitrag ergibt sich dann als Differenz zwischen Verkaufspreis und variablen Kosten:
Verkaufspreis | Variable Kosten | Deckungsbeitrag |
---|---|---|
100 Euro | 30 Euro | 70 Euro |
Die fixen Gemeinkosten des Unternehmens für die Herstellung des Produkts, einschließlich Miete, Gehälter und Versicherungen, belaufen sich auf 5000 Euro. Um die Kostendeckung durch den Deckungsbeitrag sicherzustellen, wäre die Mindestabsatzmenge zu berechnen, bei der die Gemeinkosten gedeckt sind:
5000 Euro / 70 Euro pro Einheit = ca. 72 Einheiten
Das bedeutet, dass die Firma mindestens 72 Einheiten des Produkts verkaufen muss, um ihre fixen Kosten zu decken. Jede darüber hinausgehende verkauften Einheit trägt zum Gewinn bei.
Die Stückkosten, die alle Kosten umfassen, lassen sich anschließend kalkulieren, indem die Gesamtkosten (variable Kosten plus fixe Kosten) durch die Anzahl der produzierten Einheiten geteilt werden:
Gesamtkosten | Anzahl der Einheiten | Stückkosten |
---|---|---|
5000 Euro + (30 Euro * Anzahl der Einheiten) | Anzahl der Einheiten | (5000 Euro + (30 Euro * Anzahl der Einheiten)) / Anzahl der Einheiten |
Diese Kalkulation ermöglicht es Unternehmen, den Break-Even-Punkt ihrer Produktion zu bestimmen und die wirksamste Preisstrategie für den Markt zu identifizieren. Für maximale Gewinne können sie ihre Produktions- und Vertriebsstrategien so anpassen, dass sie die ideale Verkaufsmenge übertreffen und eine effiziente Produktion beibehalten.
Vor- und Nachteile der Rückwärtskalkulation
Die Rückwärtskalkulation ist eine Preisfindungsmethode, die es Unternehmen ermöglicht, sich am Markt zu orientieren und ihre Wettbewerbsfähigkeit zu steigern. Sie hat sowohl Vor- als auch Nachteile und stellt Nutzer vor bestimmte Herausforderungen und Grenzen, die Unternehmer berücksichtigen müssen.
Vorteile der Rückwärtskalkulation
- Marktorientierung: Durch die Rückwärtskalkulation erfolgt die Preisfindung auf Grundlage der Markterwartungen und Kundenbedürfnisse. Unternehmen reagieren somit flexibel auf Marktveränderungen und können ihre Produkte preislich optimal positionieren.
- Kostentransparenz: Diese Methode bietet einen klaren Überblick über die Kostenstruktur. Unternehmer können somit besser verstehen, welche Kostenanteile den Preis eines Produktes oder einer Dienstleistung beeinflussen.
- Strategische Preisgestaltung: Durch den Abzug des gewünschten Gewinns vom Zielverkaufspreis sind Unternehmen in der Lage, ihre Preise bewusst zu steuern und strategisch im Markt zu platzieren.
- Risikominimierung: Die Rückwärtskalkulation minimiert das Risiko von Verlusten, indem es die Deckung aller Kosten sicherstellt, bevor das Produkt zum Verkauf angeboten wird.
- Verständlichkeit und Anwendbarkeit: Diese Methode ist vergleichsweise einfach in der Anwendung und ermöglicht auch kleineren Unternehmen ohne komplexe Controlling-Abteilungen, ihre Preise effektiv zu kalkulieren.
Nachteile der Rückwärtskalkulation
- Starre Kostenstruktur: Ein Nachteil der Rückwärtskalkulation kann darin liegen, dass sie eine flexible Reaktion auf unvorhergesehene Kostenveränderungen erschweren kann.
- Fokussierung auf Preis und Kosten: Die Konzentration auf Preisreduktion kann zu einer Vernachlässigung anderer wichtiger Aspekte wie Produktqualität und Innovation führen.
- Marktbedingte Preisgrenzen: In einigen Märkten kann der vom Markt tolerierte Höchstpreis unter den durch die Rückwärtskalkulation ermittelten Stückkosten liegen, was die Anwendbarkeit dieser Methode limitiert.
- Schwierigkeiten bei der Gewinnprognose: Der gewünschte Gewinn wird im Voraus festgelegt und kann bei starken Marktfluktuationen unerreichbar werden.
- Mögliche Unterbewertung von indirekten Kosten: Die Methode kann dazu führen, dass Unternehmen indirekte Kosten unterschätzen oder nicht ausreichend in die Kalkulation einbeziehen, was langfristig zu finanziellen Engpässen führen kann.
Fazit
Die Rückwärtskalkulation ist ein mächtiges Werkzeug für Unternehmen, um sich in dynamischen Märkten zu behaupten. Sie sorgt für klare Kostenstrukturen und unterstützt bei der Entwicklung einer wettbewerbsfähigen Preispolitik. Trotz potenzieller Herausforderungen bietet sie die Möglichkeit, fundierte Entscheidungen zu treffen und finanzielle Risiken zu minimieren. Es ist entscheidend, dass Firmen die Methode sorgfältig anwenden und stets das Gesamtbild im Blick behalten. Nur so lässt sich die Rückwärtskalkulation effektiv in die Unternehmensstrategie einbinden und kann zu nachhaltigem Erfolg führen.
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